Auf Wunsch von ralul meine Erfahrungen mit Ubuntu 10.10. Eigentlich mit der Final nicht vorhanden - das hat mehrere Gründe und schließt die 10.04 mit ein. Seit mehreren Versionen entfernt sich Ubuntu von dem, was ich als Linux auf meinen Rechnern haben möchte. Dabei sind die Gründe im wesentlichen gleich geblieben, haben sich aber mit den letzten beiden Releases dramatisch verschärft.
1. Grund: Die Userbasis verdummt oder ich habe mich zu stark verändert, was ich aber nicht glaube.
2. Grund: Dieser ewige Streit mit den Buben von Gnome, die mehr als zweifelhafte Entwicklung von Gnome und was Canonical daraus macht.
3. Grund: Die teilweise haarsträubende Arroganz, mit der Dinge durchgedrückt werden.
4. Grund: Allgemeine technische Macken, die nicht sein müssen und die einer Distribution für Einsteiger und Fortgeschrittene imho nicht würdig sind.
Vorab: Ich habe noch ein Ubuntu 10.10 32bit bei mir am Laufen und das wird sich erst ändern, wenn ich wirklich mal zu viel Zeit habe und mein Verwaltungssystem ändere. Diese Version von Maverick wird nur zur Verwaltung meiner Grub-Konfiguration verwendet und ist deswegen eigentlich aussen vor. Dass es sich immer noch auf meinem Rechner befindet liegt daran, dass es funktioniert und nicht weiter stört.
4. Technische Macken
Erste große Macke ist der verwendete Kernel bzw. dessen Konfiguration. Auf einer Vielzahl von verwendeter Hardware funktioniert Ubuntu nicht out of the box. Auf 4 von 5 meiner Rechner mit unterschiedlicher Hardware kann ich Ubuntu nicht ohne Eingriffe installieren. Zwar auch keine andere Distribution, aber das tut nichts zur Sache. Bis Mitte 9.10 war das anders. Seit den nachfolgenden Kernels muss ich mindestens noch ein nolapic_timer mitgeben, damit ich überhaupt erst einmal das Bootmenü erreiche. Die Installation kackt trotzdem ab. Ich muss dann noch einen radeon.modeset=0 (wahlweise nomodeset) bei 2 Rechnern mitgeben (2 Rechner) Dito mit den 855 Intels. Mir ist das ja relativ wurst, einem Einsteiger aber nicht. Die findet man dann glücklich und begeistert im Forum wieder. Für eine Einsteigerdistribution erwarte ich, dass die entsprechenden Kerneloptions voreingestellt sind.
Nächster Knackpunkt ist Plymouth. Die Startmeldungen von Linux sind wirklich nicht schön, aber wegblenden sollte man sie erst, wenn das System wirklich stabil läuft. Dummerweise ist Plymouth Standard und kann nicht einfach so deinstalliert werden. (ubuntuusers.de "hacking plymouth", launchpad 556372) Abgesehen von nicht einsehbarer Bevormundung fahren mit Plymouth 3 von 5 meiner Rechner nicht wirklich zuverlässig und reproduzierbar runter. Entfernung hift, dazu muss ich aber erst Mountall anpassen, kompilieren und installieren. Sehr Einsteigerfreundlich.
Xserver - Es ist ja schön, dass immer der neuste verfügbare XServer eingesetzt wird, ob 1.9 nun wirklich sein muss, wage ich zu bezweifeln. Die 1.76 läuft zum Glück auf der LTS mit allen Macken, die das Ding hat (Launchpad 351185 und 568988), den Einsatz von 1.9xx sehe ich ein wenig kritischer, ich würde mich es mich nicht trauen, die Kombi .35er Kernel, x 1.9x und KDE 4.5.1 mit qt 4.7 auf die breite Masse loszulassen. Läuft zwar bei mir auf Arch relativ gut, aber mit x 1.7x oder 1.8x halt wesentlich stabiler. Grade mit proprietären Treibern.
Der allergrößte Knaller und Knackpunkt für mich war mdadm - wenn ich in einer 10.10 eine Version einsetze, die sogar in Lenny aktueller ist, brauche ich mich über verärgerte Benutzer nicht wundern. Betrifft vielleicht nicht grade Anfänger, die werden Raid und lvm eh nicht adhoc stabil zum Laufen bringen. ([launchpad 495370] Re: Please upgrade to a non-outdated version)
Wenn all diese Hürden umschifft sind, gibt es eigentlich nur noch wenige Punkt zum meckern. Bis heute habe ich es nicht geschafft, KDE auf Maverick zum Laufen zu bringen. Mit keiner Treiber/Kernelkombination habe ich es geschafft, auf weniger als 5x X-Crash die Stunde zu kommen. Damit kann und will ich nicht arbeiten. Im Gegensatz dazu ist 10.04 mit den Backports stabil.
Ich hasse Bedienelemente auf der linken Seite, auch wenn es eine Sache von 30s ist, das Zeug nach rechts zu verschieben. Ich hasse es, wenn ich nach Distributionsupgrades erst einmal für 2 Stunden damit beschäftigt bin, Pakete von meinem System zu prügeln, von denen Canonical meint, dass ich ohne sie nicht leben könnte. Ich hasse es noch mehr, wenn ich dafür auch nur ein Paket neu kompilieren muss.
Das Update von 10.04 auf 10.10 muss eigentlich schiefgehen, ich habe Distributionsupgrades jetzt schon mehrmals durch. Solche Probleme wie bei einem sauberen 10.04 auf 10.10 habe ich, ehrlich gesagt, noch nie gehabt und auch in meinen kühnsten Albträumen nicht erwartet. Ich habe mehrere Anläufe unternommen und hatte am Ende immer ein zerschossenes System. Neu aufsetzen geht schneller, kanns aber irgendwo nicht sein. Im Endeffekt waren das alles keine großen Dinge, man drehte an ein oder zwei Schräubchen, entfernte hier oder auch da ein Paket und hatte in Ansätzen ein funktionierendes System. Ein paar Ungereimtheiten in der Paketverwaltung behebt man manuell, prügelt Pakete nicht mit apt-get, sondern mit dpkg ins System und die Welt ist in Ordnung. Noch ein, zwei- oder dreimal in das System chrooten, dann hat man auch einen aktuellen funktionierenden Kernel. Als wichtig könnte es sich auch erweisen, gegen die Empfehlungen von altgedienten und allwissenden Ubuntianern zu verstossen und einfach die gewünsche Version eines Paketes mit den hoffentlich wenigen Abhängigkeiten direkt binär von Debian zu klauen. (oder man kompiliert das halt grade selbst, siehe oben) Im Endeffekt funktioniert dann auch alles zur Zufriedenheit. Ich frage mich nur, wie ein Anfänger den eben beschriebenen Vorgang reissen soll, da wird dann die Installation von Arch oder Gentoo schnell mal zum Kindergeburtstag. Das darf so nicht sein für eine Distribution, die den Anspruch hat, Einsteiger- und Dautauglich zu sein.
3. Arroganz
Steht alles in den Reaktionen in den Bugreports bei Launchpad und heist meist "won't fix". Die glorreichen Änderungen in Gnome sieht man ja auch so bei, während und nach jeder Installtion
2. Gnome
Begonnen habe ich mit Gnome, und das vor Jahren. Mit KDE konnte und wollte ich nicht wirklich was zu tun haben. Das hat sich erst mit den letzten 4.4ern und der 4.5 geändert. Davor war ich auf Gnome angewiesen. Ich finde die momentane Politik von Gnome, einfach nur noch Vapor-Ware zu machen, einfach lächerlich. Mutter, Clutter und was alles sonst noch kommt habe ich nie wirklich stabil zum Laufen gebracht. Was in Punkt 4 schon angesprochen wurde, wird bei Gnome im extremen fortgesetzt. In meinen Augen ist Gnome momentan ohne Frischzellenkuren aus anderen Projekten nicht lebensfähig. Nautilus ist eine Katastrophe und wird erst bedienbar, wenn man das Ordner-Einlesen von Thunar übernehmen lässt. Gedit ist kein Programm sondern ein Zustand. Alles, was Gedit einbindet, wird damit zu Zumutung, z.B. Meld. Erst der Einsatz von Geany als Editor schafft wirklich Abhilfe. Compiz ist der nächste Knackpunkt - Wenn man Eyecandy haben möchte, führt an Compiz kein Weg vorbei. Hat irgendjemand mal versucht, Styles und Mauszeiger über das komplette Gnome konsistent zu bekommen? Ich schon, zu 99% nach einigen Tagen und Wochen voller Flucherei. Von Evolution will ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen. Ich empfinde es als peinlich, dass im gesamten Umfeld von Gnome keine integrierte Groupware-Lösung absehbar ist, die auch funktioniert. Damit ist Gnome für den professionellen und semiprofessionellen Einsatz eigentlich gestorben.
Das weinerliche Gehabe und der Abrechnungsmodus für Beiträge zur Weiterentwicklung von Gnome in Bezug auf Canonical ist mir auch, ehrlich gesagt, zuwieder. Aber das ist ein Thema, zu dem ich nicht mehr äussern werde, steht ja alles in epischer Breite im Netz.
1. Veränderungen bei uu.de
Bei 9.04 und 9.10 konnten die Leute, die uu.de genutzt haben, noch lesen und schreiben. Heute versinkt das Forum in Anfragen von Leuten, die sich in keinster Weise mehr selbst bemühen wollen und keinerlei Fremdpostings mehr lesen, dabei den lauten machen und im allgemeinen bildungsresistent sind. In der letzten Zeit klafft die Schere zwischen Anspruch an sich, Ubuntu und der Wirklichkeit immer weiter auf. Die Leute wollen das Aktuellste vom Aktuellen, aber mit der Ausgereiftheit von debian stable und sind regelmäßig entgeistert, wenn das nicht funktioniert. Man kann warnen, wie man will, der neuste und unausgereifteste Scheiss wird genommen und bitter geweint, wenn es nicht funktioniert. Das müllt grade in den Beta-Phasen und nach dem Erscheinen einer Release das Forum in unzumutbaren Maße voll. Ich habe mir mal den Spass gemacht, alles mitzulesen. Täglich ca. 100-200 Beiträge ohne Sinn und Verstand, die allesamt mit
- Such doch bitte im Forum, da ist das schon gelöst.
- Wenns nicht im Forum steht, stehts im Wiki.
- Bitte lesen und schreiben lernen, dann kann da was werden
- Wenns beim ersten Mal nicht klappt, hat man was falsch gemacht (PEBCAK)
einzustufen und zu beantworten wären. Interessante Beiträge, Probleme und Fragen gehen da unweigerlich unter und demotivieren einen, den Leuten, die auf diese Art und Weise Hilfe suchen, weiterzuhelfen.
So, das war der große Rundumschlag. Ist zwar alles sehr persönlich gefärbt, man kann es auch abkürzen. Wenn man KDE verwenden möchte, sollte man das auf keinen Fall mit Kubuntu in der aktuellen Version tun. Das geht schief. Auf Servern hat Ubuntu auch nichts zu suchen, da nimmt man besser das Original, da ja ein Server im allgemeinen durch Stabilität und nicht durch einen schönen Desktop beeindrucken soll. Sonst spricht eigentlich wirklich nichts gegen Ubuntu in der jetzigen Verfassung.