Hallo @Maik,
vorweg, ich mag kein systemd, hatte schon einige Male kleinere Auseinandersetzungen mit @melmarker deswegen, und sehe nun auch Deine Einwände, ich schätze die Situation wie folgt ein:
Entwicklerperspektive
Alf (melmarker) ist sehr involviert in Entwicklungen (lxqt / siduction), er kann als Entwickler meines Erachtens Sachen rund um systemd anders einschätzen, als Nutzerinnen und Nutzer, das wird oftmals durch sehr ausführliche detaillierte Antworten seinerseits bestätigt, mit anderen Worten ist Alf da sehr gesprächig und geizt nicht mit Informnationen. Fakt ist zwar, dass systemd noch hier und da herumzickt, aber ich denke schon ähnlich wie auch Alf, trotz meiner Ablehnung von systemd, dass dieses Monster-Init-System großes Potenzial hat und das alte Init-System Unzulänglichkeiten aufgewiesen hat, die verschiedene Leute der Entwicklerszene nicht sehr zufrieden gestellt haben.
Nutzerperspektive
Zumindest was mich betrifft, tat altes Init seit ich Linux (von 1998 an mit S.u.S.E 5.3) verwende, klaglos seinen Dienst, ob es das gut tat, kann ich mangels Hintergrundwissen gar nicht beurteilen, es fiel einfach nicht groß auf. Im Laufe der Jahre wurden meine Ansprüche an Linux größer, ich war auf verschiedene Distributionen neugierig, es reichte nicht nur ein Desktop-System, sondern ich habe ein Netzwerk eingerichtet, mit NAS, Printserver. Gekaufte Geräte von WD (Multimedia-Server, WD MyCloud), auf denen verhunzte kastrierte Linuxe liefen, wurden mit vollwertigen Systemen (bei mir Debian) ausgestattet, ich hatte viel Spaß dabei, habe manches mal gemotzt, wenns klemmte, lernte auch einige Schwächen freier Software kennen: Was in dieser Zeit weiterhin nicht auffiel, war das alte Init System, es tat einfach gemäß meiner Bedürfnisse.
Mit systemd änderte sich das, manche Distributoren hatten es offenbar weitghehend im Griff (etwa opnSUSE, dort fiel es mir am wenigsten negativ auf), bei manchen nervten eigenartige mehrminütige Start- und Stop-Jobs, manche Bootversuche führten zu komplettem Einfrieren u.s.w. Interessant war aber auch folgendes (eigentlich ist das aber logisch): Wenn es um das Eingrenzen von Schwierigkeiten ging, gaben versierte Nutzer und Entwickler nach wie vor gezielte Hinweise (Ausschöpfen des Werkzeugs systemctl etwa), aber was die Lösungen anging, nahm auch seitens dieser Leute die Spekulation zu. Dazu kann ich nur sagen: Komplexe Werkzeuge sind schön, wenn sie sehr ausgereift sind und einfach gut funktionieren, sie werden sehr schnell zum Ärgernis, wenn es klemmt: Denn dann muss man sich zum einen mit dem Werkzeug genauer befassen und man muss sich auch mit der dahinter liegenden komplexen Sache (die das Werkzeug eigentlich verbergen soll) befassen. Mit anderen Worten: Die Schwierigkeiten beim Trouble-Shooting steigen mt der Komplexizität eines Werkzeuges.
Situation hier bei siduction
siduction basiert auf Debian Sid, die Debian Leute haben sich für systemd entschieden und die Entwickler rund um siduction haben diese Entscheidung akzeptiert - und sie verteidigen diese Entscheidung (und ich gebe zu, dass trotz mancher Ruppigkeiten - die eigentlich meines Erachtens überflüssig sein sollten - diese wieder wett gemacht werden durch ein doch geduldiges Erklären solcher Sachen, ein krasses Beispiel, da geht es nicht um systemd: schau Dir mal die Beiträge von @Hanisch an, und wie geduldig hier doch damit umgegenagen wird).
Und wir Nutzer?
Nun, ich spreche hier mal für mich: Schon aus Neugier auf die weiteren Entwicklungen bei Debian, gepaart mit einem Forem siduction.org, was ich doch mag, werde ich siduction nicht den Rücken kehren und hier auch gerne weiter lesen und schreiben und mich auch mal mit anderen kabbeln
aber zur Zeit (das kann sich vielleicht auch wieder ändern) ist siduction nicht mein Arbeitssystem. Da ich schon seit längerem spannend finde, welch unterschiedlichen Distributionen es rund um freie Software gibt, habe ich mich vor einem Jahr neben bisherigen Distributionen (openSUSE, Debian, Mageia, PCLOS, Kubuntu, siduction) dann auch für Arch und dessen Derivate interessiert, dazu kam dann FreeBSD (ohne systemd), dann das Debian stable basierte MX-Linux (ohne systemd), und seit kurzem läuft bei mir - und von dort schreibe ich gerade diesen Kommntar - Void Linux (ohne systemd). Dieses Interesse und das Befassen mit weiteren Distributionn macht nicht dümmer, für die Einrichtung von Void hinsichtlich meiner EDV-Bedürfnisse habe ich kaum einen halben Tag gebraucht (vor einigen Jahren hätte ich das Teil vermutlich nach mehreren Anläufen genervt zur Seite gelegt).
Auf meinem PC sind installiert:
Arch (Testsystem)
Debian stable (Testsystem)
MX-Linux (Arbeitssystem)
siduction (Testsystem)
suse13.2 (Testsystem, eventuell Kandidat für meinen Vater)
suse42.1 (Testsystem)
void (Testsystem - das ist das bisher schnellste mir bekannte Linux)
pclos (Testsystem)
FreeBSD (Testsystem -> eventuell neues Arbeitssystem)
@Maik: Kritik sollte immer möglich sein, und dabei sollte auch berücksichtigt werden, ob eine Kritik aus Nutzer- oder Entwicklerperspektive formuliert wird. Aber wenn jemand bestimmte Entwicklungen rund um freie Software als Nutzer einfach nicht mag und diverse Alternativen geboten bekommt, dann sollte so jemand Konsequenzen ziehen: In Deinem Fall beim Betrieb eines Servers kann das zum Beispiel auf FreeBSD hinaus laufen.
Hier bei den siduction Nutzern und Entwicklern sind offenbar auch viele zufrieden mit systemd, letztere freuen sich an neuen Möglichkeiten, die systemd bietet und wenn die Distributoren von siduction diesen Status Quo verteidigen, nehme ich das gar nicht übel und kann es sogar verstehen.
Viele Grüße,
Holger