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Author Topic: [DE] vollkommen OT: ESM und Demokratie  (Read 35624 times)

Offline ralul

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[DE] vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #30 on: 2012/08/02, 14:01:49 »
Ralfi hatte pauschal geschrieben:
"kann ich das was du geschrieben hast wirklich nicht ernst nehmen."

Dann sollte eine provokantere Gegenreaktion von Michaaa62 erlaubt sein! Michaaa hätte natürlich auch sachlicher nachfragen können:
"Was genau kannst du warum nicht ernst nehmen"

Übrigens zu meinem Rätsel weiter oben:
Der Turm reicht nicht nur zum Mond aber 17 Lichtjahre hoch. Bei drei Prozent Wachstum sogar 5 Milliarden Lichtjahre. Was lernen wir daraus: Das Staatsschuldensystem ist ein Pyramidenspiel und kann nicht ewig so bestehen. Andererseits sagen aber Wirtschaftswissenschaftler, die sich mit dem Geldkreislauf befassen, dass Staatsschulden notwendig sind um genügend Geld in den Wirtschaftskreislauf zu geben. Papiergeld fing vor ein paar hundert Jahren damit an als ein Schuldschein ausgegeben zu werden. Noch vor ein paar Jahrzehnten waren zu diesen Schuldscheinen Goldbarren hinterlegt.
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Offline bluelupo

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #31 on: 2012/08/02, 14:05:10 »
Quote from: "michaaa62"

[...]
Die Kombination aus Demokratie und Marktwirtschaft gibt es so doch erst seit den 70-er Jahren. Die demokratischen Möglichkeitenwaren davor doch recht eingeschränkt, ja, auch in der Bundesrepublik. Es hat nur niemanden interessiert (oder sehr wenige). Im historischen Ablauf ist die Zeit recht kurz, um zu einem pauschalen Lob schon anzusetzen, finde ich.

...dem kann ich uneingeschränkt beipflichten.

Quote from: "michaaa62"

Dein und mein Wohlstand wird mit den Schulverschreibungen diverser Funktionsträger in ALLER Welt erkauft, die von den Interessenvertretern unserer Großkonzerne bearbeitet, geschmiert und korrumpiert werden, um eigentlich entbehrliche oder überdimensionierte Industrieprodukte in Deutschland (bei in deutscher Hand befindlichen Organisationen) zu kaufen.

+1

Das Grundproblem der Deutschen Regierung ist sich vor allen wichtigen Problemen unserer Gesellschaft zu drücken bzw. diese zu ignorieren (z.B. Rentenproblematik, Gesundheitswesen, Bildungsreformen usw.). Dazu kommen jetzt auch noch verstärkt finanzielle Probleme der südeuropäischen EU-Länder, die wir hier die wir in diesem Land leben, schultern müssen.

Ich bin es Leid immer nur als die "Melkkuh" eines Staates angesehen zu werden, der nach Möglichkeiten sucht die gierige Finanzindustrie am Leben zu erhalten. Armes Deutschland, wie tief bist du gesunken :-(

Offline ralul

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #32 on: 2012/08/02, 14:27:58 »
Da ralfi nicht detailiert kritisiert:
Quote from: "michaaa62"
Die Kombination aus Demokratie und Marktwirtschaft gibt es so doch erst seit den 70-er Jahren. Die demokratischen Möglichkeiten waren davor doch recht eingeschränkt, ja, auch in der Bundesrepublik. Es hat nur niemanden interessiert (oder sehr wenige).
Massendemontrationen und Schlägereien in den zwanziger Jahren. 1848er revolutionäre Prozesse ...

Quote
Dein und mein Wohlstand wird mit den Schulverschreibungen diverser Funktionsträger in ALLER Welt erkauft, die von den Interessenvertretern unserer Großkonzerne bearbeitet, geschmiert und korrumpiert werden, um eigentlich entbehrliche oder überdimensionierte Industrieprodukte in Deutschland ... zu kaufen.
Du meinst U-Boote für Griechenland? Ansonsten ist die deutsche Werkzeug- und Maschinenproduktion die Voraussetzung für den chinesischen Aufschwung. Die U-Boote sind wohl eher die Ausnahme gewesen ...

Quote
Deutschland befindet sich auf dem Weg zu einer "Russland-isierung":
-Immer weniger besitzen immer mehr, verstecken dies hinter gleichgeschalteter Informationspolitik, was durch die "Recherche-Unlust" abseits der APN-Tickermeldungen begünstigt wird.
Ja das find ich auch den wichtigsten antidemokratischen Trend vor allen Dingen in Amerika (Siehe mein Beitrag oben: Menschenrecht der freien Meinungsäußerung für Firmen).

Nichts ist umsonst! Vor allen Dingen Informationenen Kosten viel, auch wenn sie uns als umsonst erscheinen. Wir können um den Effekt der GEZ froh sein. Früher gab es mehr investigative Buchautoren zum Beispiel!

Quote
-Die Aufstandsbekämpfungstrategien variieren zwischen brutal und Volksbefragung(Stuttgart21, Rückkauf der Berliner Wasserwerke), das Geld fließt aber in jedem Fall vom Staat als Synonym der kleinen Leute zu den Großen.
von mir nur drei ???

Quote
-Die Parlamentsoligarchie dient dem Kapital als Sicherheit, um vor Kursschwankungen durch zu rücksichtslose Zocker (Lehman) oder die logischen, mathematischen Grenzen der Gier aller nach Mehr,Mehr,Mehr. Die Milliarden der Steuerzahlenden werden dann halt über die Banken Richtung Kapital umgelenkt, als Rettungschirm (schönes neues Wort!) schöngeredet etc.
Ich glaube die Effekte der Bankenrettung sind im öffentlichen Bewusstsein übertrieben. Das große Beispiel HypoRealEstate ist falsch. Sie diente schon immer dem Staat als Geldeinsammler und wurde wohl hauptsächlich deswegen gerettet.
Den größten Effekt in die falsche Richtung hatte die Vereinheitlichung noch unter Clinton der traditionellen Banken mit den Spekulationsbanken. Denn dadurch

- werden solche Insider Betrügerreien wie der Interbankenzins gehäuft vorkommen

- werden Finanzprodukte geschaffen, die betrügerisch sind (Beispiel Subprime 2008)

- wird die eigentlich Aufgabe der Banken, die Entwicklung der Wirtschaft zu regeln und zu steuern ins Perverse verschoben.

Und noch zum Schluss meine Thesen:

- Die Krise in Spanien ist eine einfallslose Wirtschaftspolitik, die nur auf Immobielien setzte. Was auch bei uns der Fall war Ende der Neunziger!

- Die Krise in Portugal ist wohl auch einfach deren Randlage. Schaut euch mal Europa bei Nacht an: Die Lichter gehen von Schwaben über Frankfurt ins Ruhrgebiet, über Belgien und den Tunnel bis nach London. Diese Diversifizierung gedrängt auf einen Landstrich kann nicht mal China bieten, jedenfalls zur Zeit noch ....

- Die Krise in Griechenland ist einfach Korruption.

- Die Überwindung der Krise in Irland zeigt, dass die Bankenrettung übertrieben im öffentlichen Bewusstsein ist.
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Offline ralfi

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #33 on: 2012/08/02, 14:41:46 »
Hi ralul,
Quote
Dann sollte eine provokantere Gegenreaktion von Michaaa62 erlaubt sein!

Aber selbstverständlich darf er das, damit habe ich doch überhaupt kein Problem!

Wie sagte so schön Rosa Luxemburg: Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Der Satz geht übrigens auch noch sehr interessant weiter.


Was aber natürlich auch nix an meiner Meinung ändert.

Sehr bemerkenswert ist der philosophische Ansatz von Holger, der - wenn ich das jetzt aus der richtigen Ecke des Hinterstübchens krame - auf den kategorischen Imperativ von Kant reflektiert. Dies funktioniert natürlich bestens als Leitlinie, als erstrebenswertes Ziel, als Richtlinie des Handelns. Danach können und sollten wir streben, keine Frage. Aber ein Ansatz zur Lösung der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme auf der Welt ist das nun mal eben NICHT.

Oder auch: Pazifismus ist sicher ein erstrebenswertes Ziel. Aber wenn ich jemanden, der mir eine geknallt hat auch noch die andere Seite hinhalte, dann ist es nun mal so dass ich - anders als es die Bibel behauptet - mit zwei roten Backen nach Hause gehe. Bittere Erkenntnis: Das bringt nix.
Gruss, ralfi

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Offline ralfi

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #34 on: 2012/08/02, 14:43:11 »
Hui hui, hier kommt ja rischtisch Feuer rein! So schnell kann ich ja gar nicht denken, geschweige denn schreiben ...
Gruss, ralfi

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holgerw

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #35 on: 2012/08/02, 20:30:30 »
Quote from: "ralfi"
Sehr bemerkenswert ist der philosophische Ansatz von Holger, der - wenn ich das jetzt aus der richtigen Ecke des Hinterstübchens krame - auf den kategorischen Imperativ von Kant reflektiert. Dies funktioniert natürlich bestens als Leitlinie, als erstrebenswertes Ziel, als Richtlinie des Handelns. Danach können und sollten wir streben, keine Frage. Aber ein Ansatz zur Lösung der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme auf der Welt ist das nun mal eben NICHT.


Hallo @ralfi,

dass ich Kant erwähne, und seine Position zum Menschen als Selbstzweck, die ich nach wie vor teile, heißt noch nicht, dass ich seinen kategorischen Imperativ adaptiere.

Kants kategorischer Imprerativ ist inhaltsleer, zu Recht spöttelt Hegel gegen den Imperativ: Was sollen denn die Maximen sein, die zum allgemeinen Gesetz werden? Ein Sado-Masochismus ist bestens kompatibel mit dem kategorischen Imperativ. Kants großer Schwachpunkt ist, dass er das ethische Handeln bloß an das subjektive Wollen ganz eng knüpft. Kants Philosophie ist subjektiver Idealismus, irreflexiv, aber dennoch schätze ich, obwohl ich eher Hegelianer und Anhänger eines objektiven Idealismus bin, sein sehr engagiertes Plädoyier für den Menschen als Selbstzweck und nicht als Mittel zum Zweck.

Mit Hegel wird es nun spannend, denn ich halte ihn für einen Schlüsseldenker des 20. und 21. Jahrhunderts, auch in bezug auf Gesellschaft, Ökonomie und Politik.

Das heißt keinesfalls, dass hiermit Lösungen für alle gesellschaftlichen Konflikte vorgegeben sind. Aber man kann doch zahlreiche Positionen, die in Einzelwissenschaften liegen, aber mit universalistischen Ansprüchen auftreten, in die Schranken weisen. Und da gibt es viel Pathologisches, unter der auch unsere moderne Gesellschaft leidet, Machtpositivismus, Marktradikalismus und Marktmetaphysik, radikale Objektivierung der Menschen und weiteres.

Aber ich befürchte, das schweift hier zu sehr ab vom ursprünglichen Thread.

Viele Grüße,
  Holger

Offline ralfi

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #36 on: 2012/08/03, 10:11:59 »
Hallo Holger,
also zunächst dachte ich mal: Woauh eh!

Einige Gedanken später wollte ich Dich für den Titel "Phrasenschwein des Monats" vorschlagen. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte. Ich möchte aber auch inhaltlich und nicht nur polemisch antworten, deshalb dies hier (Quelle: Wikipedia):

Mit diesem Versuch (von Hegel - ralfi), durch unverständliche Sprache tatsächlich fehlende inhaltliche Substanz vorzutäuschen, (hat) Hegel in der Philosophiegeschichte eine neue Epoche eingeleitet, die nicht auf Gedankenaustausch und Argumentation, sondern auf Beeindruckung und Einschüchterung ausgerichtet gewesen sei.

Ich kann es nicht besser ausdrücken. Und ja, ich finde es durchaus gut, danach zu streben, dass das eigene Handeln stets Leitlinie auch für andere sein könnte. Und ich kann beschreiben, was das sein könnte: Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Solidarität, Reduzierung des eigenen Egos, Hilfsbereitschaft, Achtung des Gegenüber, Streben nach Wissen und Erkenntnis. Vielleicht war ich ja auf dem Holzweg aber ich dachte, genau dies wäre Deine Kritik an der Politik.

Der Mensch ist nun aber leider nicht voll- sondern sehr unvollkommen.

Politik bedeutet die Kunst des Möglichen und hier  vor allem das Suchen nach Mehrheiten und das Bohren dicker, dicker Bretter. Wenn wir uns vor Augen halten wie schwierig es bspw. in der eigenen Familie ist, seine eigenen Vorstellungen mehrheitsfähig zu machen und umzusetzen ohne diktatorisch aufzutreten - welche Aufgabe ist dies erst im größerem Rahmen!

Ich habe sicher auch nicht den Stein der Weisen gefunden, aber ich behaupte das auch nicht! Was ich damit sagen will und das ist - aufgemerkt ! - Kern meiner Kritik an diesem pauschalen Politik/er-Innen- Bashing: Die Dinge sind einfach viel zu kompliziert und vielschichtig als das man sie mit drei Sätzen, Pauschalismen ("Die Krise in Griechenland ist einfach Korruption"), Dämlichkeitsvorwürfen, Selbstmitleid, ("Ich bin es leid immer nur als die Mellkuh des States angesehen zu werden"), Selbstbetrug, ("DIE" machen doch eh was sie wollen) Korruptionsvorwürfen, Populismus etc.pp. lösen kann. Oder auch argumentativ nach dem Motto zu verfahren: "Eine starke Behauptung ist besser als ein schwacher Beweis" - siehe dem Hinweis, dass es Demokratie und Marktwirtschaft erst ab den 70er Jahren in der Bundesrepublik gibt. Das ist IMHO einfach nur grober Unfug.

Natürlich ist Kritik gerechtfertigt und notwendig. Staatsschuldenkrise, Demografie, Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Bildung - alles Probleme, die dringend einer Lösung oder zumindest einer zukunftsfähigen Strategie bedürfen und über die man trefflich streiten kann. Ich bin aber immer noch der festen Überzeugung, dass wir im für uns besten aller nicht funktionierenden Systeme leben. Das sagt mir vor allem die Lebenserfahrung. Und ich habe bisher für mich selbst auch nirgendwo einen besseren Ansatz finden können.

Und ja, michaaa62, wir leben alle auf Kosten jener 6,3 Mrd. Menschen, welche nicht auf dem nordamerikanischen Kontinent oder in Europa leben. Das ist wahr, aber dafür habe ich auch keine Lösung.
Gruss, ralfi

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Offline ralul

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #37 on: 2012/08/03, 10:16:25 »
Ich glaube, ich habe mich falsch herum ausgedrückt.
Nicht:
Die Bankenrettung wird überschätzt
Sondern:
Die Betrügereien der Banken werden unterschätz!

Weil die Banken bei uns eine Lenkungsfunktion haben, wie das Politbüro und der Fünfjahresplan im Staatssozialismus, sind die Auswirkungen des Bankenbetrungs tausendfach höher als der nominelle Schaden einzuschätzen ...
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Offline unklarer

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #38 on: 2012/08/03, 11:13:57 »
Quote from: "ralfi"
Der Mensch ist nun aber leider nicht voll- sondern sehr unvollkommen.

Der Mensch ist aber ein vernunftbegabtes Wesen!!
Quote from: "ralfi"
Politik bedeutet die Kunst des Möglichen und hier vor allem das Suchen nach Mehrheiten und das Bohren dicker, dicker Bretter. Wenn wir uns vor Augen halten wie schwierig es bspw. in der eigenen Familie ist, seine eigenen Vorstellungen mehrheitsfähig zu machen und umzusetzen ohne diktatorisch aufzutreten - welche Aufgabe ist dies erst im größerem Rahmen!

Da ist es aber nicht weit zu der Phrase - "Wir sitzen alle in einem Boot und lassen wir es lieber mal so, wie es ist".

Warum wird in der Diskussion ganz einfach "vergessen", daß das GESELLSCHAFTLICHE SEIN DAS BEWUßTSEIN der Menschen bestimmt? (ist aber glaube ich, nicht von Hegel).  8)

Offline michaaa62

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #39 on: 2012/08/03, 11:34:49 »
@ralfi: Die moralische Frage der Gerechtigkeit in der Welt soll nicht mein oder dein Problem werden, taucht aber immer wieder in die Argumentation auf, da gebe ich dir recht.
Ein Bewustsein für das Grundproblem zu schaffen, ist ein erster Schritt.

Dazu zählt auch, das man sich überlegt, was den Politiker im Jahre 2012 ausmacht und antreibt, beispielsweise auch im Vergleich zum Politiker im Jahre 1990. Das würdest du Politiker-"bashing" nennen, ich nicht.

Die Regelmäßigkeit mit der Politiker aus hohen Positionen in Bereichen der Wirtschaft landen, in deren Geschäftsbereich wichtige Entscheidungen getroffen wurden, ist ernüchternd. Ein Beispiel: Für Kanzler Kohl, dessen Politik ich wirklich nicht verteidigen könnte, wäre es einfach moralisch überhaupt nicht vorstellbar gewesen eine Anschlusskarriere bei seinem Spezi Leo Kirch anzustreben, dessen Geschäftserfolg durch Entscheidungen der damaligen Regierung erst eingeführt (Privatfernsehen gab es hierzulande nicht) wurde.

Für Kanzler Schröder gab es keinerlei moralisches Problem damit, sich bei Gazprom zu verdingen.

Jahre später findet es Wulff noch nicht mal anstößig in der Amtszeit eine Privatkredit zu erhalten, zu besseren Konditionen als marktüblich, von tatsächlich in seinem Bundesland geschäftlich tätigen Personen und zu behaupten den Kredit in bar zurück bezahlt zu haben.

Die Zahl der sich in der Pharmaindustrie verdingenden Ex-Entscheidungsträger aller parteipolitischen Couleur (Jippie die Grünen sind voll etabliert!!!) aus der Gesundheitspolitik wage ich kaum zu schätzen, allein aus Spitzenpolitikerkreisen beackert eine zweistellige Zahl ein neues Betätigungsfeld. Nur merkwürdig, dass ganze Passagen aus Gutachten in Gesetzesvorschlägen auftauchen.

@ralul: Die Geld-"erschaffung" der Banken durch immer geringere reale Abdeckung der sich rekursiv verliehenen Beträge -Banken haben nur einen Bruchteil der verliehenen Beträge selbst zu sichern, so im Bereich ein Zehntel- ist Teil der Problematik: Bank A leiht sich von Bank B eine Summe X, um dann die Möglichkeit zu haben an Bank C, D, aber auch an Bank A die zehnfache Summe zu verleihen. Süffisanterweise darf in diesem Finanzmodell niemand auf die Idee kommen seine Schulden zurück zu zahlen, da sonst tatsächlich Bilanzgeld verschwinden würde, und der buchhalterische Teil nicht mehr stimmt. Erst dieses Ereignis würde die Finanzwelt erschüttern.

Allerdings ist das System auf endlose Vermehrung angelegt, aber trotz mehrfacher Reformen (Gold als Währungsgrundlage, Bruttosozialprodukt als Währungsgrundlage) immer auf endlichen Größen aufgebaut. Dieses Schneeballsystem kann mathematisch nie aufgehen. Aber warum hinterfragen, oder gar ändern, wenn es der eigenen Familie doch gerade sooo gut geht???

Offline ralfi

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #40 on: 2012/08/03, 14:26:59 »
@michaaa62

Es klärt sich auf!

Gerhard Schröder und Gazprom - unverständlich, schlimm. Zumal wir für ihn auch ohne diesen zweifelhaften Job nicht hätten sammeln müssen... Korrumpiert Macht? In gewisser Weise schon. Aber er war zumindest - und das rechne ich ihm hoch an - einer der ganz wenigen, welcher die eigene politische Überzeugung  (Agenda 2010) - über den Machterhalt stellte.

Christian Wulff - ist es ein Zufall, dass der auch aus Hannover kommt? - ist erst zurückgetreten, als es wirklich nicht mehr ging. Letztendliche Ursache: Die Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Würdest Du Dich verpflichtet fühlen Deinen Job zu kündigen wenn die Staatsanwaltschaft beginnt gegen Dich zu ermitteln? Ich habe mal ein hübsches Foto gesehen, aufgenommen auf irgend einer schnuffel-puffel Veranstaltung: Maschmeier und Ferres, Wulf, Schröder und Rösler mit ihren Frauen grinsen - sich umarmend -  in die Kamera. Da wusste - nein, ahnte - ich alles. Er musste - Gott sei Dank - zurücktreten, für Fehlverhalten, was strafrechtlich nicht relevant ist. Ich persönlich mochte ihn nie, ich gebe es gern zu.

Wie erklärt sich das? Beide sind in sehr einfachen Verhältnissen groß geworden, beide mussten sich lange, beständig und immer wieder durchbeissen. Verdirbt Politik und Macht den Charakter? Und die Ex-Politiker, die jetzt Lobbyismus betreiben, z.B. in der Pharmaindustrie? Mmmh, hat zumindest ein Gschmäckle.

Das ist alles nicht gut und das würde ich auch nie bestreiten. Was uns aber fundamental unterscheidet, ist die Bewertung dieser Fakten: Ich glaube, dass dies Ausnahmen sind und nicht die Regel.

Ich denke, die allergrößte Mehrheit der Volksvertreter - auf welcher Ebene auch immer, beginnend mit der Gemeindevertretung und ich lege mich mal munter auf 99 Prozent fest - versuchen, ihre Aufgaben vernünftig, unkorrumpierbar und zielbezogen abzuarbeiten. Davon bin ich fest überzeugt. Man sollte bedenken, dass man erst ab der Landtagsebene "Berufspolitiker" werden kann, alle anderen machen das in ihrer Freizeit. Und das bisschen Sitzungsgeld und einen Anzug pro Jahr den man von der Steuer absetzen kann im Vergleich zum Aufwand - nun ja. Und dann muss man sich manchmal noch unqualifiziert von besoffen rumhängenden Intelligenz-Amöben, die keine Lust zum Arbeiten haben und in ihrem Leben nix, aber auch wirklich gar nix von selbst in die Reihe bekommen haben, vollnölen lassen weil man es eben nicht geschafft hat genau deren Interessen durchzusetzen... Nö, das macht bestimmt keinen Spass.

Dazu kommt noch: Spätestens nach vier Jahren musst Du Deinem "Wahlvolk" erzählen, warum sie Dich wiederwählen sollen. Erzähle mir jetzt bitte nicht, Du würdest immer die gnadenlose Wahrheit erzählen und nichts versprechen, wenn es um Deinen Job und das Geld für die nächsten vier oder fünf Jahre für Deine Familie geht! In der Demokratie hat jedes Volk hat die Regierung die es verdient, da beisst die Maus keinen Faden ab. Und eine wirklich sinnvolle Alternative ist nicht zu erkennen.

Es findet sich sicher mit Leichtigkeit auch ein Vielzahl von Personen o.a. Kategorie (Schröder, Wulff), die NICHT solche zweifelhaften Wege gegangen sind und / gehen. Es sind schlechte Beispiele, sicher, aber eben nur Beispiele. Und sie kosten Geld, zweifelsohne, aber sie sind nicht die Ursache alles Ungemaches.
Gruss, ralfi

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Offline reddark

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #41 on: 2012/08/03, 19:23:27 »
Schöner Artikel, der gut zum Ausgangsthema passt:
http://www.jungewelt.de/2012/08-03/014.php

Und noch ein schönes Zitat:
"Gott hilft uns dabei, daß wir uns nicht anstelle der Demokratie andere politische Systeme ausdenken müssen."
Der ungarische Premierminister Viktor Orban laut Tagesspiegel in einer Rede vor dem ungarischen Unternehmerverband

Offline bluelupo

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #42 on: 2012/08/03, 20:32:12 »
Noch ein Artikel der uns die nicht sehr rosige Zukunft vor Augen führt http://blog.zeit.de/herdentrieb/2012/08/01/warum-investmentbanken-so-viel-geld-verdienen_5104

Offline ralul

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« Reply #43 on: 2012/08/04, 11:37:33 »
Quote
Allerdings ist das System auf endlose Vermehrung angelegt, aber trotz mehrfacher Reformen (Gold als Währungsgrundlage, Bruttosozialprodukt als Währungsgrundlage) immer auf endlichen Größen aufgebaut. Dieses Schneeballsystem kann mathematisch nie aufgehen.
Nun, das war genau das Wollen meines Turm-Zinseszins Beispiels, das zu zeigen, dass es eigentlich nicht gehen kann auf Ewigkeit.

Aber es zeigt auch, wie die Römer über Jahrhunderte enormen Reichtum ansammeln konnten. Auch wenn es dauernd Bürgerkriege gab zwischen ihren Cäsaranwärtern: Es wurde einfach nicht dauernd alles voll zerstört wie bei Kriegen zwischen kleineren Reichen. Die wirtschaftliche Sicherheit war dadurch größer im Römerreich. Ich weiss nicht, ob es damals auch schon eine globale Konkurrenz für Investitionen gab? Dann sind wir wieder in der Jetztzeit:

Unsicherheiten und Risikoabschläge machen die Wirtschaft uneffektiver. Demnach ist:
Quote from: "michaaa62"
@ralul: Die Geld-"erschaffung" der Banken durch immer geringere reale Abdeckung der sich rekursiv verliehenen Beträge -Banken haben nur einen Bruchteil der verliehenen Beträge selbst zu sichern, so im Bereich ein Zehntel- ist Teil der Problematik: Bank A leiht sich von Bank B eine Summe X, um dann die Möglichkeit zu haben an Bank C, D, aber auch an Bank A die zehnfache Summe zu verleihen. Süffisanterweise darf in diesem Finanzmodell niemand auf die Idee kommen seine Schulden zurück zu zahlen, da sonst tatsächlich Bilanzgeld verschwinden würde,
Die geringe Risikoabdeckung ist ein Ausweis effektiven Wirtschaftens.
Wenn denn die Risikoabschätzungen den Realitäten entspricht!

Wenn man versucht Wirtschaft zu verstehen, sollte man immer alles auf kleine verstehbare Beispiele runterbrechen: Gegen eine Hungersnot kann ich mir Vorräte anlegen, gegen einen Tornado bauen die Amis Sicherheitsräume, gegen Hochwasser kann ich mir einen festen Turm zur Rettung bauen.
Was an diesen Beispielen deutlich wird: Alles kostet ohne etwas einzubrigen. Alles ist einfach rausgeschmissenes Geld, wenn das Risiko nicht eintritt. Oder wenn genau der Schadensfall eintritt für den ich nicht vorgesorgt habe: ein Erdbeben, ein nuklearer Fallout.

Wenn ich ein von Grund auf, von der Struktur her ein korruptes Banksystem habe, kann es keine richtige Risikoabschätzung geben, denn die Gewinne der Betrüger sind immer dort am Größten, wo sich kaum einer abgesichtert hat! Darum bitte wieder:

Abtrennung der Investitionsbanken vom traditionellen Bankgeschäft!

Apropos Schulden: Papiergeld ist per Definitionem eine Schuld der ausgebenden Bank! Wenn die ausgebende Bank ihre Schuldscheine zurücknimmt, gibt es also einfach kein Geld mehr!
Das System der Geldschöpfung auch durch Privatbanken durch Kredite ist ein ausgefuchst effektives System der Wirtschaftslenkung, denn wirtschaftliche Aktivität geht genau in die Bereiche in denen sie etwas bringt, und nicht nur dorthin wo ein sozialistischer Zentral-Fünfjahresplan aus ideologischen Gründen meint.

Wenn denn die Risikoabschätzungen stimmen!
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Offline ralul

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« Reply #44 on: 2012/08/04, 12:28:46 »
Allgemein zum Risiko des Wirtschaftens.

Jedes zusätzliche Risiko ist eine volle zusätzliche Dimension, die die Abschätzung vervielfacht verkompliziert. Runtergebrochen wieder auf ein kleines Beispiel: Der Bau eines Hauses wird nicht abschätzbar, wenn ich zusätzlich zu den üblichen Risiken
- Zuverlässigkeit der Baufirma
- fester Zins über Jahre für meine Schulden
- zuverlässige Arbeitstelle
etc, noch andere Risiken auf mich nehmen muss:
- Unklarheit über die Einführung einer Immobiliensteuer
- habe ich eine Erbkrankheit, die ausbrechen kann
- bricht ein Bürgerkrieg aus
etc. Jedes zusätzliche Risiko macht die Sache der Entscheidung um ein Vielfaches komplizierter und auch teuerer.

Das ist der Grund, warum in Ländern mit Extrarisiken (Korruption, Mafia, Bürgerkrieg, Klimakatastrophen), sich keine Wirtschaft mit hohen Löhnen rentieren kann. Insofern wird der Stromausfall in Indien jetzt millionenfach negative Auswirkungen auf Investitionen haben, bis das Strukurproblem dort gelöst ist. Auch das Extrarisiko Kernenergie kann für Japans Wirtschaft tödlich sein, wenn noch zwei Unfälle passieren und sich diesmal der Wind Richtung Millionenmetropole Tokio dreht. Umgekehrt gilt:

Wir können problemlos mit Ländern konkurrieren, die hundertfach niedrigere Löhne haben. Auch ein Extrarisiko höherer Preis für Ökostrom ist voll kalkulierbar und fällt somit weniger ins Gewicht.

Das allgemeine Extrarisiko der Pleite Griechenlands war für Deutschland allerdings teuerer als die verschenkten Milliarden, jedenfalls war es bisher unkalkulierbar und deswegen zu teuer. Jetzt scheinen sie den Fall Griechenland durchkalkuliert zu haben. Was heisst: Ein Ausscheiden Griechenlands führt nicht mehr zu überhöhten Risikoaufschlägen und in der Folge also nicht mehr zu einer ineffektiven Wirtschaft. Diese dauerhaften Grenzbeträge in der Folge eines Ereignisses sind entscheidend, nicht die nominellen Einmalverluste!
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