Hallo zusammen,
was mich stört an der ganzen Diskussion systemd vs. sysVinit ist das versuchte krampfhafte Festhalten an alten Zöpfen. systemd war längst überfällig um das Bootsystem von Linux von Grund auf zu verbessern.
Hallo Michael,
mal zu meiner Haltung dazu: es geht mir gar nicht um systemd versus sysVinit. Denn dass sysVinit Uzulänglichkeiten aufweist, das sehe ich ähnlich, und wenn Leute wie Alf Gaida sich sehr detailliert äußern, sogar eigene Erfahrungen einfließen lassen, sind das meines Erachtens gute Argumente, dass sysVinit überfällig geworden ist, damit gehen wohl die meisten d'accord. Mein Verweis auf sysVinit diente nur dazu, darauf hinzuweisen, dass dieses Init-System mir als Nutzer von Beginn meiner Beschäftigung mit Linux an nicht groß aufgefallen ist, es störte nicht und tat einfach, ähnliches kann ich auch von den Kerneln sagen.
Es ist doch aber so, dass man diese hier öfters erwähnte Überfälligkeit von sysVinit nicht erst seit gestern gesehen hat, der Beginn, an Alternativen zu arbeiten, liegt deutlich weiter zurück als Poetterings Entwürfe zu systemd.
Ich möchte und kann dabei (noch) gar nicht beurteilen, was in bezug auf welche Einzelheiten welche Stärken und Schwächen aufweist, aber es ist einfach nicht richtig, wie oft dargestellt, dass die systemd-Leute die ersten waren, die auf Unzulänglichkeiten von sysVinit reagiert und programmiertechnisch etwas neues gemacht haben.
sysVinit ist angeblich optimal, weil bewährt und auf allen Unixsystemen einsetzbar. Was soll der Vorteil von textbasierten Monster-Logfiles wie /var/log/messages sein, in dem jede Anwendung sich berufen fühlt sein angeblichen "wichtigen" Output abzuladen.
sysVinit wird sich sicherlich in so mancher Hinsicht in der Vergangenheit bewährt haben, ich denke kaum, dass mit einem behämmerten Init-System, was von Volltrotteln entwickelt worden wäre, Unix und Linux so weit gekommen wären - sorry, aber ich gewinne hier manchmal den Eindruck, als sei sysVinit im Grunde genommen der letzte Schrott, von dem dann Poettering die Linux-Szene befreit hat
Was ich hier öfters lese ist, dass das neue systemd andere dazu "erzieht", keine schlampigen Scripte mehr zu schreiben, was ja im Umkehrschluss bedeutet, dass alle Systeme ohne systemd weiterhin solches dulden. Ich bin nun nicht der große Kenner von Init-Software, aber was das Init-System bei FreeBSD betrifft, ist es ziemlich fehlerintolerant und verlangt eine strenge Syntax, wie ich selbst schon erfahren durfte, als ich mich mal daran versucht habe, etwas eigenes kleines zu scripten.
Man muss sich halt mit der Thematik befassen, daran scheitert es aber bei vielen die systemd verteufeln. systemd ist bei weitem nicht schwierig zu handhaben, aber es ist halt neu und ungewohnt ;-)
Michael, d'accord, neue Werkzeuge, neue Art der Bedienung
Du redest hier aber interessanterweise nur von systemd im Hinblick auf ein neues Init-System: Wenn es das nur wäre, hätten einige Leute weitaus weniger Magenschmerzen damit. systemd ist aber weit mehr als nur ein neues Init-System, es krempelt Teile des Betriebsystem-Desings einfach mal gerade um. Und das führt unter anderem dann zu so etwas, ich zitiere mich nochmal:
Wissen um die Sache wird durch das Werkzeug systemd teilweise obsolet
a) Beispiel: früher bei manueller DNS Konfiguration
echo "nameserver 8.8.8.8" > /etc/resolv.conf -> DNS Konfiguration erledigt
Und das geht unter JEDEM freien unixoiden System ohne systemd (Void, MX-Linux, *BSD)
b) bei systemd
- /etc/resolv.conf ist nur ein Link
- um die Konfig kümmert sich nun systemd
- eh, ja, wie denn?
- siehe systemd und Netzwerk im Arch Wiki (viel Spaß beim Durcharbeiten)
- huch, bei ceni gibts keine DNS Konfiguration mehr
- klar, das geht jetzt mit systemd
Mal ganz davon abgesehen: Was hat sich das Init-System systemd um DNS zu scheren? Das nervt einfach.
Ich bin als ambitionierter Nutzer durchaus bereit, bis zu eine gewissen Grade mich auf eine schnelle Entwicklungsdynamik von Werkzeugen einzulassen, und neues dazu zu lernen. Ich bin aber nicht bereit - falls diese Dynamik eine gewisse Schwelle überschreitet - als Nutzer allen neuen Entwicklungen hinter her zu hecheln. Und wenn ich bestimmte Sachen plötzlich, wie in vielen Jahren gelernt, nicht mehr manuell machen kann (siehe etwa DNS aktivieren), reagiere ich verschnupft. Wenn Entwickler meinen, da ihr Ding durchziehen zu müssen - aus welchen Gründen auch immer - dann mögen sie das tun. Ich kann dann als Nutzer freundlich auf solche Entwicklungen hinweisen und darauf hoffen, dass zumindest auch solche Nutzerperspektiven ernst genommen werden. Falls das dann auf taube Ohren stößt, kann ich entweder schmollen und eine Jereminade nach der anderen hier los lassen, oder aber, ich tue mir das einfach nicht weiter an, und suche mir etwas, wo diese Dynamik der Entwicklung von Werkzeugen entweder moderater von statten geht oder aber bei neuen Werkzeugen darauf geachtet wird, dass sie schön überschaubar bleiben. Da gibt es Nischen wie Void (mit runit) oder MX-Linux (noch mit altem sysVinit). Oder aber die anderen Big-Player freier alternativer Betriebsysteme, ich meine die BSD Systeme. Da tut sich übrigens auch etwas beim Init-System, siehe zum Beispiel die Entwicklung von Nosh.
Der Nebeneffekt bei mir, seit ich mich auch mit BSD und nun kürzlich mit Void befasse: Ich lerne plötzlich viel mehr über die Basics von unixoiden Betriebsystemen und kann mir bei Fehlern viel besser selber helfen (das hat übrigens viel mit dem sogenannten KISS Prinzip zu tun, mittlerweile ist mir klar geworden, dass das nicht nur deshalb favorisiert wird, weils so cool ist und Spaß macht).
Viele Grüße,
Holger