Hallo,
@ralfi hat hier meines Erachtens ein bißchen Recht, weil viele Investoren just das fabrizieren, was im Spiegel-Artikel nun kritisch aufgegriffen wird. Über Soros und seine Aktivitäten als Investor kann ich nicht urteilen.
Aber Soros sagt hier einiges richtiges, das mag nun daran liegen, dass ihm unter dem Status Quo die Felle wegschwimmen, oder daran, dass er sich doch auch um die Situation anderer Menschen Gedanken macht.
Eigentlich wollte ich zwar hier nur noch lesen, denn ich habe meine Haltungen mehrfach in Sachen Vermögen und seiner Verteilung und der Finanzkrise geäußert und habe auch nach einigen mathematischen Demonstrationen nicht vor, diese Haltungen zu ändern. Denn auch angenommen, die meisten Zahlen stimmen, so hilft die Mathematik, die übrigens eine hypothetische Wissenschaft ist, herzlich wenig bei der Beurteilung, ob etwas notwendig oder hinreichend ist, ob die zunehmende Vermögensverteilung in der Gesellschaft von unten nach oben bloß ein Nebenschauplatz ist oder doch auch mit dem Entstehen solcher Krisen eng verzahnt ist, und so fort. Das meint Gerd Bosbach übrigens mit dem "Lügen mit Zahlen", er sagt damit nicht, dass die meisten vorgebrachten Zahlen nicht stimmen - das passiert sicherlich auch - er kritisiert, dass damit entweder einseitig oder aber unzureichend im jeweiligen Kontext operiert wird und damit können auch durch richtige Zahlen gestützte Behauptungen falsch sein. Das Gerede vom ach so schrecklichen demographischen Wandel ist ein schönes Beispiel dafür, wie trotz des Verwendens korrekter Zahlen ein Haufen Unsinn erzählt wird. Mit vielen mathematischen Richtigkeiten zu hantieren und sich seiner Fähigkeiten dort zu rühmen und aus den Augen zu verlieren, damit vielleicht gegen Menschen und ihre desolate Situation zu argumentieren, darauf braucht man nicht stolz zu sein.
Ein Mißverständnis möchte ich jedoch noch ausräumen: Wenn ich hier und auch in einer PN mal die These "Jeder ist seines Glückes Schmied" angegriffen habe, so nicht deshalb, weil ich gegen die Eigenverantwortlichkeit eingestellt bin. Im wirtschaftspolitischen Kontext wird die Eigenverantwortlichkeit aber meist darauf reduziert, dass jeder zusehen soll, wie er rasch im herrschenden wirtschaftlichen Status Quo zu funktionieren hat. Die Marktschreier der Eigenverantwortlichkeit sind hingegen ganz schnell angesäuert, wenn Leute aus Eigenverantwortung gegen Mißstände hier anfangen, sich zu organisieren, zu demonstrieren, gewerkschaftlich aktiv werden, eventuell einer linken Partei beitreten u.s.f. Dann kommen unsere "Wir-brauchen-einen-schlanken-Staat"- und "Der-Staat-hat-sich-aus-allem-möglichst-heraus-zu-halten"-Fetischisten und schreien nach dem Staat, nach Gesetzen zur Schwächung der Arbeitnehmerrechte und der Gewerkschaften, nach dem Verfassungsschutz gegen alles, was links von rot-grün ist u.s.f. Und damit wird dann das Gerede von Eigenverantwortlichkeit zu einer Nebelkerze und sogar pervertiert, hat man nur in dem engen wirtschaftsideologischen Rahmen eigenverantwortlich zu sein, nicht jedoch darüber hinaus gehend.
Viele Grüße,
Holger