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Author Topic: [DE] vollkommen OT: ESM und Demokratie  (Read 36296 times)

Offline samoht

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[DE] vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #150 on: 2012/09/11, 14:46:46 »
@ralfi,
bevor man eine solche Einschätzung zum Besten gibt, sollte man erstmal recherchieren, von wem die Rede ist.
Greetings
Tom

holgerw

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #151 on: 2012/09/12, 06:14:53 »
Hallo,

@ralfi hat hier meines Erachtens ein bißchen Recht, weil viele Investoren just das fabrizieren, was im Spiegel-Artikel nun kritisch aufgegriffen wird. Über Soros und seine Aktivitäten als Investor kann ich nicht urteilen.

Aber Soros sagt hier einiges richtiges, das mag nun daran liegen, dass ihm unter dem Status Quo die Felle wegschwimmen, oder daran, dass er sich doch auch um die Situation anderer Menschen Gedanken macht.

Eigentlich wollte ich zwar hier nur noch lesen, denn ich habe meine Haltungen mehrfach in Sachen Vermögen und seiner Verteilung und der Finanzkrise geäußert und habe auch nach einigen mathematischen Demonstrationen nicht vor, diese Haltungen zu ändern. Denn auch angenommen, die meisten Zahlen stimmen, so hilft die Mathematik, die übrigens eine hypothetische Wissenschaft ist, herzlich wenig bei der Beurteilung, ob etwas notwendig oder hinreichend ist, ob die zunehmende Vermögensverteilung in der Gesellschaft von unten nach oben bloß ein Nebenschauplatz ist oder doch auch mit dem Entstehen solcher Krisen eng verzahnt ist, und so fort. Das meint Gerd Bosbach übrigens mit dem "Lügen mit Zahlen", er sagt damit nicht, dass die meisten vorgebrachten Zahlen nicht stimmen - das passiert sicherlich auch - er kritisiert, dass damit entweder einseitig oder aber unzureichend im jeweiligen Kontext operiert wird und damit können auch durch richtige Zahlen gestützte Behauptungen falsch sein. Das Gerede vom ach so schrecklichen demographischen Wandel ist ein schönes Beispiel dafür, wie trotz des Verwendens korrekter Zahlen ein Haufen Unsinn erzählt wird. Mit vielen mathematischen Richtigkeiten zu hantieren und sich seiner Fähigkeiten dort zu rühmen und aus den Augen zu verlieren, damit vielleicht gegen Menschen und ihre desolate Situation zu argumentieren, darauf braucht man nicht stolz zu sein.

Ein Mißverständnis möchte ich jedoch noch ausräumen: Wenn ich hier und auch in einer PN mal die These "Jeder ist seines Glückes Schmied" angegriffen habe, so nicht deshalb, weil ich gegen die Eigenverantwortlichkeit eingestellt bin. Im wirtschaftspolitischen Kontext wird die Eigenverantwortlichkeit aber meist darauf reduziert, dass jeder zusehen soll, wie er rasch im herrschenden wirtschaftlichen Status Quo zu funktionieren hat. Die Marktschreier der Eigenverantwortlichkeit sind hingegen ganz schnell angesäuert, wenn Leute aus Eigenverantwortung gegen Mißstände hier anfangen, sich zu organisieren, zu demonstrieren, gewerkschaftlich aktiv werden, eventuell einer linken Partei beitreten u.s.f. Dann kommen unsere "Wir-brauchen-einen-schlanken-Staat"- und "Der-Staat-hat-sich-aus-allem-möglichst-heraus-zu-halten"-Fetischisten und schreien nach dem Staat, nach Gesetzen zur Schwächung der Arbeitnehmerrechte und der Gewerkschaften, nach dem Verfassungsschutz gegen alles, was links von rot-grün ist u.s.f. Und damit wird dann das Gerede von Eigenverantwortlichkeit zu einer Nebelkerze und sogar pervertiert, hat man nur in dem engen wirtschaftsideologischen Rahmen eigenverantwortlich zu sein, nicht jedoch darüber hinaus gehend.

Viele Grüße,
  Holger

Offline ralfi

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #152 on: 2012/09/12, 08:46:20 »
Hi Holger,

es ist schön, dass Du Deine Haltung geändert hast und mal wieder was schreibst, Ich find das jedenfalls gut auch wenn ich - das dürfte nun schon langsam hinlänglich bekannt sein - nicht unbedingt allen Deinen Argumentationen zustimme. Aber das Eine schliesst das Andere absolut nicht aus!

Dein Absatz zu der "Jeder ist seines Glückes Schmied"-Theorie ist schon nicht schlecht. Also zu den "Der-Staat-soll-sich-aus-allem-raushalten"-Fetischisten gehöre ich zumindest keinesfalls, eher zu den "Wann-werden-endlich-die-notwendigen-Bankenregulierungen-weltweit-umgesetzt"-Fanatikern. Der "Wir-brauchen-einen-schlanken-Staat"-Fraktion würde ich aber auf jeden Fall beitreten denn es hat mir noch niemals jemand auch nur ansatzweise erklären können wie das anders funktionieren soll. Und auch wenn ich den Bosbach wirklich sehr schätze, so ist das Argument des Operierens mit den richtigen Zahlen im falschen Kontext für mich ein bisschen so wie bewusstes Stochern im Rauch, weil man vergessen hat, die selbst geworfene Nebelkerze auszutreten.

Aber zum Demografieproblem muss ich Dir fundamental widersprechen, es sei denn, ich hab Dich falsch verstanden. Ich glaub, dass es dieses Problem gibt ist wohl doch unbestreitbar - da brauche ich nicht mal Mathe dafür - , kabbeln kann man sich allerhöchstens über die Lösungsansätze
Gruss, ralfi

Niveau sieht von unten oft wie Arroganz aus ...

Offline ralul

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #153 on: 2012/09/15, 15:56:13 »
Das Erschreckendste an dem Spiegel Soros Artikel, was mir auch neu war:
Durch die Vorbereitungen auf ein Auseinanderbrechen der Eurozone durch die nationalen Notenbanken, wird ein Auseinanderbrechen wahrscheinlicher!
Das bedeutet, dass genau diejenigen, die auch in der Brüsseler EZB sitzen, und den Euro schützen sollen, seim Ende Vorschub leisten.

Es ist in einer gemeinsamen Währungszone kaum vorstellbar, dass eine Überweisung eines spanischen Bürgers von seinem spanischen Girokonto auf ein ihm gehörendes deutsches Girokonto den spanischen Schuldenberg erhöhen soll. Dann ist doch der Euro einfach nur unglaubwürdig?
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Offline michaa7

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #154 on: 2012/09/15, 21:52:34 »
Das liegt aber nicht einfach am Euro, sondern daran, dass derzeit die banken (noch) national, nicht europäisch verwurzelt sind. Sie halten überproportional staatsanleihen ihrer nation ( das gilt mindestens für Italien und Spanien) und kommen mit ihrer nation ins schleudern, wenn die sicherheit dieser anleihen in frage steht. Der Spanier, der dann sein geld zu einer deutschen bank überträgt tut für sich ja genau das richtige wenn er einen sicher(-er-)en hafen sucht (oder wärst du derzeit bereit aus solidarität dein geld auf ein konto einer griechischen bank zu verlagern?). Dadurch fehlt der spanischen bank wieder etwas mehr liquidität. Hätten wir europäische banken, würde sich das nicht so auswirken.

Es ist letztlich auch wieder nur ein beispiel dafür, dass die macher des Euro vor seiner einführung die folgen die durch jedwede ungleichgewichte entstehen nicht überblickt haben. Der Euro ist deswegen nicht unglaubwürdig. Es ist einfach nicht (mehr) klar welche politik er repräsentiert weil das eurosystem über die ungleichgewichte in bewegung geraten ist.
Ok, you can't code, but you still might be able to write a bug report for Debian's sake

Offline ralul

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vollkommen OT: ESM und Demokratie
« Reply #155 on: 2012/09/16, 00:12:08 »
@Michaa7, Dein letzter Satz drückt genau das aus, was du mit dem vorletzten verneinst.

Wenn es eine europäische Bankenaufsicht gibt, sollte man davon ausgehen können, das das Geld auf jeder Bank sicher ist. Der Vorteil des Euro sind die niedrigen Zinsen für die Staatsschulden. Wenn wir Staatspleiten allenthalben haben, haben wir aber einen Euro mit dem Charakter einer Lira.

Das Wesentliche der letzten Zeit war Merkels Besuch in China. Vorher durfte der Austritt Griechenlands als ein gutes und in die richtige Richtung vorantreibendes Exempel diskutiert werden. Dann sagte der größte zukünftige Gläubiger, dass er einen Austritt Griechenlands nicht verstehen würde und nicht als Beweis der Stabilität akzeptieren könnte. Das war für einen Chinesen ein enorm kräftiger Faustschlag auf den Tisch ....
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