Hallo,
ein paar Tage war ich unterwegs und schon ist hier wieder sehr viel geschrieben worden.
Ich möchte allerdings, schon aus Zeitmangel, und weil ich nicht den eigentlichen Thread noch mehr für meine Sichtweise instrumentalisieren möchte, doch nur auf @ralfis Kommentar eingehen, weil er meines Erachtens sehr bezeichnend ist, und zwar für ein bloßes Nachbeten von Vorurteilen.
Eine Vorwarnung: Das hier wird sicherlich lang und ein wenig @Off Topic, aber ich möchte einiges doch nicht so stehen lassen.
@ralfi, das "Phrasenschwein" finde ich schon am Rande der Unverschämtheit, aber ich möchte doch sachlich bleiben. Das Phrasenschwein war sich in der Vergangenheit nicht zu schade dafür, zum Teil äußerst unangenehme Diskussionen zu Gunsten der Nutzerinnen und Nutzer von sidux und aptosid zu führen, die hatten inhaltlich eine Menge mit meinem Menschenbild und meinem Philosophieverständnis zu tun. Und mit Philosophie dresche ich keine Phrasen, dafür ist mir Geltungstheorie viel zu wichtig. Das aber nur vorweg und am Rande.
Zu Deinem Zitat aus Wikipedia in allen Ehren, aber um sich mit Geltungstheorie zu beschäftigen langt es nicht, in Wikipedia nachzuschlagen, was die oder derjenige zu einzelnen Personen wohl gemeint hat. Dies Zitat mag polemisch sein, aber wo viel Polemik ist, fehlt es oft an Geltungstheorie. Und Hegel gehört zu den Philosophen, auf die man gerne in unterschiedlichen Kontexten immer wieder mal eingeprügelt hat. Dabei gibt es sehr wohl auch aus heutiger Sicht in Hegels Philosophie so nicht mehr haltbares, oder aber auch Veränderungsbedarf (Hösle, Hegels System). Aber um ernsthafte Kritik geht es Dir hier wohl eher nicht, sondern eher darum, etwas kurz Angelesenes hier weiter zu geben. Das wird zwar gerne gemacht, auch unter Berufung auf andere Wissenschaftler, ist aber leider unphilosophisch und unwissenschaftlich. Ein bisschen Wikipedia langt nicht, um ernsthaft über Philosophie zu diskutieren, und gerade mit dem unkritischen Aufgreifen folgender Positionen sollte man sehr vorsichtig sein, weil da bei Leuten, die die Texte kennen, der Schuss schnell nach hinten los geht:
Ein renomiertes aber auch trauriges Beispiel ist Poppers Hegelkritik in "Open society" . Das Dumme an dieser Hegelkritik ist jedoch, dass sie dermaßen irrational ist, mit Weglassungen, Flickenzitaten und weiterem arbeitet, dass man sich nur wundern kann, warum der Hauptvertreter des kritischen Rationalismus sich zu so etwas hat hinreißren lassen. Da gibt es auch von Walter Kaufmann einen sehr schönen Beitrag zu, der erübrigt sich jedoch, wenn man sich genauer mit dem Original Hegel befasst.
Im analytischen Lager sieht es auch nicht besonders gut mit der Hegelkritik aus: Russel und Moores Antihegelinismus sind heute just durch die analytische Philosophie selbst erledigt, ihr radikal atomistisches Programm, was natürlich gegen Hegels Kontextualismus gerichtet ist, ist inkonsistent, vgl. dazu schon den Wittgensteinschüler Findlay, dann Sellars, Quine und andere und jüngst Welsch.
Auch wenn es hart klingt, aber Hegel in die unwissenschaftliche irrationale Ecke zu stellen, ist einfach dummes Zeug. Hegels Sprache mag zum Teil ungewöhnlich sein, was Ästhetik angeht, ist seine Philosophie zu Beispiel nicht zufrieden stellend. Aber vieles wird heutzutage in der modernen Philosophie adaptiert, weiter entwickelt:
- Sozialphilosophie (Theorie gegenseitiger Anerkennung)
- Fundamental-Logik (Dieter Wandschneider, Bernd Braßel, Vittorio Hösle)
- moderner Sozial-Staat (hat seine Wurzeln in Hegels Rechtsphilosophie)
- Ethik (Jonas, Apel, Hösle)
- Naturalismuskritik (Wandschneider, Wetzel und andere)
Sorry, aber die Reduktion Hegels darauf, er bilde nur die Vorlage für Leute, die gerne andere mit komplizierter Sprache beeindrucken, ist dermaßen platt, dass ich mich nur wundern kann. Und bitte nicht mit Schopenhauer kommen, dessen Hegelkritik sich weitgehend in Schimpftiraden erschöpft.
Gerade bedeutende Physiker übrigens haben oft einen großen Bezug zu objektiv-idealitischen Positionen, so etwa Einstein, Heisenberg und C. F. von Weizsäcker. Das waren sehr hegelaffine Denker. D. Wandschneider, ein prominenter Hegelianer, kommt auch von der Physik, Bernd Braßel von der Logik u.s.f. Mit denen muss wohl irgend etwas nicht ganz koscher sein :-)
In Deinem Kommentar @ralfi finde ich übrigens auch eine Inkonsistenz: Du möchtest etwas gegen Philosophie sagen, sie als bloße Phrasendrescherei und überflüssig bezeichnen, greifst dazu aber selber zu Philosophie, und zwar auf äußerst eigenartige Weise, indem Du etwas aus philosophischem Kontext zitierst, was keiner genaueren Prüfung stand hält.
Mit dem Phrasenschwein muss ich wohl leben, vielleicht tue ich Dir ja auch unrecht, und Du hast gute Argumente gegen meine Ausführungen. Dann aber sollte wir an anderer Stelle weiter sprechen, und den Thread nicht noch mehr kapern.
Oder aber Du findest Philosophie nicht wichtig bei solchen Diskussionen: Das ist für mich in Ordnung, dann kannst Du mir das sagen.
Mit Zitaten Dritter aber, die zudem nicht gerade sehr plausibel sind, weil sie keiner Überprüfung stand halten, kommen wir nicht weiter.
Viele Grüße,
Holger